Kriminalität bei Jugendlichen
Kriminalität bei
Jugendlichen
Das Kinder- und Jugendalter
gibt oft Aufschluss über die zukünftige Entwicklung bezüglich der Straffälligkeit.
In der Jugendphase sind leichte und mittlere Straftaten nicht ungewöhnlich. Bei
den meisten Jugendlichen geht es um das Ausprobieren von Grenzen, und sie
lernen dadurch die Geltung von Regeln und Normen.
Selten beginnt Delinquenz also erst im Erwachsenenalter, wobei die Delinquenz in der Gruppe der 16- bis 20-Jährigen am höchsten ist, diese jedoch später relativ stark und beständig abnimmt. Polizei und Justiz widmen sich daher in Berlin besonders den Intensivtätern, also jenen Straftätern, die innerhalb eines Jahres in mindestens zehn Fällen Straftaten von einigem Gewicht begangen haben. Besonders bei diesen besteht die Gefahr einer sich verfestigenden kriminellen Karriere. Die Berliner Staatsanwaltschaft führt 499 Intensivtäter, darunter 86 Erwachsen. 51 Prozent davon sind Deutsche, 20 Prozent stammen aus der Türkei, knapp neun Prozent aus dem ehemaligen Jugoslawien (vorwiegend Serbien) und sieben Prozent aus dem Libanon. Das Durchschnittsalter liegt bei knapp 20 Jahren.
Selten beginnt Delinquenz also erst im Erwachsenenalter, wobei die Delinquenz in der Gruppe der 16- bis 20-Jährigen am höchsten ist, diese jedoch später relativ stark und beständig abnimmt. Polizei und Justiz widmen sich daher in Berlin besonders den Intensivtätern, also jenen Straftätern, die innerhalb eines Jahres in mindestens zehn Fällen Straftaten von einigem Gewicht begangen haben. Besonders bei diesen besteht die Gefahr einer sich verfestigenden kriminellen Karriere. Die Berliner Staatsanwaltschaft führt 499 Intensivtäter, darunter 86 Erwachsen. 51 Prozent davon sind Deutsche, 20 Prozent stammen aus der Türkei, knapp neun Prozent aus dem ehemaligen Jugoslawien (vorwiegend Serbien) und sieben Prozent aus dem Libanon. Das Durchschnittsalter liegt bei knapp 20 Jahren.
Generell ist die Jugenddelinquenz
in den letzten 50 Jahren stark angestiegen ist. Besonders deutlich kann man
dies bei den verübten Gewaltdelikten zwischen 1984 und 2000 erkennen, wo es zu
einer Verdreifachung der Tatverdächtigen zwischen 14 und 18 Jahren kam.
Eine neuere kriminologische
Langzeituntersuchung zur Jugendkriminalität in Duisburg von
Klaus Boers (Universität Münster) und Reinecke(Universität Bielefeld), bei der
seit 2002 3.400 Duisburgerinnen und Duisburger zwischen ihrem 13. und bislang
19. Lebensjahr jedes Jahr befragtwurden, versuchte den Ursachen auf den Grund
zu gehen.
Die Ergebnisse beziehen sich
auf das Dunkelfeld
(Taten, die nicht entdeckt oder zur Anzeige gebracht werden) der
Jugendkriminalität, wenn man die Jugendlichen direkt nach den von ihnen
begangenen Taten fragt. Da nur die wenigsten Taten bei der Polizei angezeigt
werden, ist das Dunkelfeld erheblich größer als die Polizeistatistik. Den
Ergebnissen der Dunkelfeldforschung
zufolge , begehen in der BRD 90 Prozent der Jugendlichen und Heranwachsenden während
ihrer Kindheit und Jugend Straftaten. Mehr als die Hälfte aller von diesen
begangenen Straftaten sind Diebstähle
(etwa 50 Prozent). Weitere Delikte, die in dieser Altersgruppe häufig
vorkommen, sind Schwarzfahren, Sachbeschädigung, einfache Körperverletzung und
Drogenmissbrauch. Gewalterfahrungen
sind zwar verbreitet, aber der überwiegende Teil der Delikte wird von den
Jugendlichen nicht angezeigt. Die Täter sind meist männlich und die Straftaten
finden vor allem unter Gleichaltrigen statt. Zu Gewalt unter Jugendlichen kommt
es besonders häufig, wenn Täter und Opfer verschiedenen ethnischen Gruppen
angehören. Viele jugendliche Täter waren oft selbst Opfer von Gewalt in der
Familie. Dies gilt vor allem für Migranten türkischer Herkunft. Bemerkenswert ist,
dass nach den Dunkelfelduntersuchungen die höchste Kriminalitätsbelastung
früher als bislang angenommen liegt und der Kriminalitätsrückgang bereits im
15. Lebensjahr einsetzt. Die meisten Jugendlichen begehen nur ein bis zwei
Taten, davon ein geringerer Teil drei Taten, und davon wiederum nur ein Teil
vier Taten: Der allergrößte Teil der Jugendkriminalität regelt sich aufgrund
von angemessenen Reaktionen in den Familien und Schulen von selbst.
Problematisch sind jugendliche Intensivtäter mit fünf und mehr Gewaltdelikten
pro Jahr. Diese Gruppe ist mit etwa. fünf Prozent zwar klein, gab aber die
Hälfte aller Taten und den größten Teil der Gewaltdelikte zu. Allerdings geht
auch deren Anteil früher als bislang angenommen, nämlich bereits ab dem 16.
Lebensjahr, wieder deutlich zurück.
Der Alkoholkonsum
ist insgesamt recht hoch und steigt, im Unterschied zur Delinquenzentwicklung,
während des Jugendalters stetig an. Ein Viertel der Befragten hatte im 17.
Lebensjahr einen intensiveren Konsum (mehr als einmal im Monat betrunken), was
allerdings um ein Drittel unter den Raten von Jugendlichen in Münster lag.
Problematisch ist, dass der intensive Alkoholkonsum mit deutlich erhöhten
Gewaltraten zusammenhängt, dies allerdings nur bis zur Mitte des Jugendalters.
Schon ab dem 15. Lebensjahr geht der Anteil der Gewalttäter unter den
Intensivkonsumenten zurück. Im Hinblick auf die Gewaltkriminalität wird der
Alkoholkonsum mit zunehmendem Alter besser beherrscht. Im Unterschied zum
Alkoholkonsum nimmt der Drogenkonsum,
dabei handelt es sich ganz überwiegend um Cannabisprodukte, schon ab dem 16.
Lebensjahr wieder ab. Allerdings ist hier der Anteil der Gewalttäter unter den
Intensivkonsumenten noch höher als beim Alkohol, geht aber ebenfalls ab dem 15.
Lebensjahr wieder zurück.
Die Schule ist
insgesamt ein sicherer und für viele Schüler auch angenehmer Ort. Nur bis zu
einem Achtel aller Taten wurde in der Schule begangen. Am häufigsten einfacher
Diebstahl sowie einfache Körperverletzung und Sachbeschädigung, seit jeher
schultypische Delikte. Gefährliche Köperverletzungen wurden nur zu unter einem
Zehntel in der Schule begangen. Allerdings wurde auch bei durchschnittlich
einem Achtel der Raubdelikte die Schule als Tatort genannt. "Offenbar ist
manchem Jugendlichen die Schwere dieses häufig als 'Abziehen' verharmlosten
Delikts nicht klar", meint Prof. Boers. Nahezu alle Schüler fühlten sich
in der Schule, auf dem Schulhof und dem Schulweg sicher. Auch das Schulklima
sowie das Verhältnis zu den Lehrern wurden insgesamt positiv, an den
Hauptschulen allerdings weniger gut als an den anderen Schulen, beurteilt.
Dass Gewaltspiele und Gewaltfilme
Jugendliche zunehmend aggressiv machen, ist in der internationalen Forschung
nur schwach belegt. Der Inhalt der meisten Gewaltspiele, insbesondere der
Ego-Shooter, ist Besorgnis erregend. Auch, dass vor allem Jungen aller
Schulformen einen großen Teil ihrer Zeit mit solchen Spielen verbringen. Die
allermeisten Spieler könnten zwischen realen und virtuellen Welten aber sicher
unterscheiden. Gewaltmedien könnten sich bei gewaltsam oder gleichgültig
erzogenen Jugendlichen allerdings etwas negativer auswirken.
Dass vor allem jugendliche Migranten
kriminell werden, konnten die Wissenschaftler nicht pauschal nachweisen. Es
geht hier vor allem um die Gewaltkriminalität. Bei anderen Delikten sind
jugendliche Migranten ohnehin weniger auffällig. Eine erhöhte Verbreitung von
Gewalt findet sich meist unter den sozial Schwächeren, mit weniger Bildung, aus
benachteiligten Wohnvierteln und mit schlechteren Perspektiven auf dem
Arbeitsmarkt. Solche Jugendliche mit Migrationshintergrund sind allerdings kaum
gewalttätiger als ähnlich benachteiligte deutsche Jugendliche. In Duisburg
konnten die Forscher kaum Unterschiede zwischen Jugendlichen türkischer und
deutscher Herkunft im Hinblick auf gewalttätiges Verhalten feststellen.
In einer Studie von Richard
E. Tremblay (Universität Montreal) interviewte man 20 Jahre lang in
regelmäßigen Abständen 800 Jugendliche aus Schulen ärmerer Wohnviertel mit
erhöhten Risikofaktoren
für Kriminalität wie soziale Benachteiligung, schlechte
Versorgung und zweifelhafte Freundschaften. Als die Untersuchten um die 25
Jahre alt waren, besaß jeder sechste bereits einen Eintrag im Strafregister,
für Verbrechen wie Mord (18 Prozent), Brandstiftung (31 Prozent), Prostitution
(25 Prozent), Drogenbesitz (16 Prozent) oder Autofahren unter Beeinträchtigung
(neun Prozent). Die untersuchten Faktoren bestätigten sich einerseits als
typische Wegbereiter der Kriminalität, doch zeigte sich auch, dass manche Interventionen des
Jugendgerichtes die kriminelle Laufbahn der Untersuchten weiter
verschlechterten. Offensichtlich wirkt die Gruppendynamik in Gefängnissen,
indem verurteilte Jugendliche in einen Kreis von Gleichaltrigen kommen, die ihr
Schicksal der Ausgeschlossenheit von der Gesellschaft teilen. Die Prestigeordnung
im Gefängnis orientiert sich meist nach der Schwere des Verbrechens, wodurch
unbeabsichtigte Lerneffekte eintreten, indem die Jugendlichen
"Unterricht" für künftig noch ausgeklügeltere Straftaten erhalten.
Nach Ansicht von Tremblay ist Prävention Aufgabe der Schule und nicht der
Jugendgerichtsbarkeit, denn ein hoher Prozentsatz aller jugendlichen Straftäter
scheitern in der Schule, was zum Ausgangspunkt für kriminelles Verhalten werden
kann.
Insgesamt
sind Mädchen
deutlich weniger gewalttätig als Jungen und treten im Jugendalter drei- bis
zehnmal seltener als Intensivtäterinnen in Erscheinung. Türkische Mädchen sind
dabei noch weniger gewalttätig als deutsche.
Kurz gefasst
die wichtigsten Ergebnisse:
- Drei Fünftel der befragten Jugendlichen haben bis zum 17. Lebensjahr schon mindestens einmal eine dieser Taten begangen.
- Gewaltdelikte wie Körperverletzungen und Raubdelikte, werden mit knapp einem Drittel seltener genannt.
- Die Kriminalität geht bei allen Deliktarten nach einem steilen Anstieg gegen Ende des Kindesalters schon im Jugendalter wieder deutlich zurück.
- Die meisten Jugendlichen begehen nur ein bis zwei Taten, davon ein geringerer Teil drei Taten, und davon wiederum nur ein Teil vier Taten. Die Quote jugendlicher Intensivtäter liegt bei fünf Prozent, wobei deren Anteil ab dem 16. Lebensjahr wieder deutlich zurück geht.
- Der Alkoholkonsum steigt während des Jugendalters stetig an.
- Ein Viertel der Befragten hatte im 17. Lebensjahr einen intensiveren Konsum (mehr als einmal im Monat betrunken).
- Schon ab dem 15. Lebensjahr geht der Anteil der Gewalttäter unter den Intensivkonsumenten zurück.
- Der Drogenkonsum (vor allem Cannabis) nimmt schon ab dem 16. Lebensjahr wieder ab.
- Der Anteil der Gewalttäter unter den Intensivkonsumenten ist höher als beim Alkohol, geht aber ebenfalls ab dem 15. Lebensjahr wieder zurück.
- Jugendliche Migranten fallen eher in der Gewaltkriminalität auf.
- Bei anderen Delikten sind jugendliche Migranten ohnehin auffällig.
- Die Jugendlichen türkischer Herkunft bekennen sich häufiger zu traditionellen Werten und Religiosität, konsumieren weniger Alkohol und Drogen und sind in der Bildung nicht durchweg benachteiligt.
- Insgesamt sind Mädchen deutlich weniger gewalttätig als Jungen und treten im Jugendalter drei- bis zehnmal seltener als Intensivtäterinnen in Erscheinung.
- Türkische Mädchen sind dabei noch weniger gewalttätig als deutsche.
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